KG: Nachweis der Entgeltlichkeit bei Verfügung des befreiten Vorerben

Hierzu führt das KG Beschluss vom 08.03.2012 - 1 W 778/11 unter anderem aus:

Zum Nachweis der Entgeltlichkeit ist die Vorlage eines Verkehrswertgutachtens nicht erforderlich.
a) Die Löschung eines Nacherbenvermerks vor Eintritt des Nacherbfalls erfolgt auf Antrag, § 13 GBO, wenn sie die Nacherben – und Ersatznacherben (OLG Frankfurt/Main, OLGZ 1970, 443) - bewilligen, §§ 19, 29 GBO, oder die Grundbuchunrichtigkeit nachgewiesen, § 22 Abs. 1 GBO, oder offenkundig, § 29 Abs. 1 S. 2 GBO, ist (Demharter, GBO, 28. Aufl., § 51, Rdn. 37; M. Schmidt, in: Erman, BGB, 13. Aufl., § 2113, Rdn. 18).
Der Nacherbenvermerk wird unrichtig, wenn das Grundstück durch eine entgeltliche Verfügung der im Grundbuch in Erbengemeinschaft eingetragenen Eigentümer aus dem Nachlass ausscheidet. Haben - wie hier - die Nacherben der Verfügung nicht zugestimmt, scheidet das Grundstück aber nur dann aus dem Nachlass aus, wenn die Vorerben von den Beschränkungen des § 2113 Abs. 1 BGB befreit sind, §§ 2112, 2136 BGB. Von einer solchen Befreiung dürfte auch das Grundbuchamt ausgegangen sein. Nur vorsorglich, weil nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens, weist der Senat aber darauf hin, dass sich eine Befreiung der Beteiligten zu 1 bis 3 weder aus dem Nacherbenvermerk Abt. II lfd. Nr. 6 noch dem Erbschein des Amtsgerichts Bonn vom 20. Juli 1992 ergibt. Das Testament vom 28. August 1986/24. Juli 1988/21. September 1988 genügt zum Nachweis der Befreiung nicht, weil es lediglich privatschriftlich verfasst worden ist, vgl. § 35 Abs. 1 S. 2 GBO. Sollte, was mit der Beschwerdebegründung angedeutet wird, der Erbschein entsprechend dem Erbschein nach dem Vater der Beteiligten zu 1 bis 3 später ergänzt worden sein, ist insoweit kein Nachweis zu den Grundakten gelangt.
Die Verfügung ist dann unentgeltlich, wenn ihr objektiv kein vollwertiges Entgelt gegenübersteht und der Vorerbe dies subjektiv entweder weiß oder doch bei ordnungsgemäßer Verwaltung unter Berücksichtigung seiner künftigen Pflicht, die Erbschaft an den Nacherben herauszugeben, hätte erkennen müssen (BGH, NJW 1999, 2037, 2038). Für den Grundbuchverkehr ist der Nachweis der Entgeltlichkeit der Verfügung des befreiten Vorerben erbracht, wenn die Entgeltlichkeit bei dem Grundbuchamt offenkundig ist, § 29 Abs. 1 S. 2 GBO. Im Interesse der Erleichterung des Grundbuchverkehrs sind der Offenkundigkeit die Fälle gleichzustellen, in denen bei freier Würdigung der vorgelegten Urkunden durch das Grundbuchamt die Unentgeltlichkeit durch die Natur der Sache ausgeschlossen wird. Dabei hat sich der Grundsatz herausgebildet, dass die Entgeltlichkeit der Verfügung regelmäßig anzunehmen ist, wenn sie auf einem zweiseitigen entgeltlichen Rechtsgeschäft, vornehmlich einem Kaufvertrag beruht und der andere Vertragsteil ein unbeteiligter Dritter ist (Senat, Beschluss vom 6. Mai 1968 - 1 W 807/68 - OLGZ 1968, 337, 340; Senat, Beschluss vom 3. November 1992 - 1 W 3761/92 - OLGZ 1993, 270, 274). Es entspricht der Lebenserfahrung, dass Vorerben wie andere Verkäufer auch, regelmäßig kein Interesse daran haben, ein Grundstück unter Wert zu veräußern.
Bei einem persönlichen Näheverhältnis des Vorerben zu dem Erwerber besteht für das Grundbuchamt aber regelmäßig Anlass zu einer besonders sorgfältigen Prüfung der Entgeltlichkeit der Verfügung (OLG Düsseldorf, FGPrax 2008, 94; OLG Braunschweig, Beschluss vom 4. Dezember 1990 - 2 W 132/90 - Juris). Andererseits schließt ein Näheverhältnis aber die Annahme der Entgeltlichkeit insbesondere dann nicht aus, wenn keine Anhaltspunkte für eine mögliche Absicht der Vorerben bestehen, die Nacherben zu benachteiligen (OLG München, FGPrax 2005, 193, 194; BayObLG, Beschluss vom 27. Juli 1982 - 2 Z 12/82 - Juris ).

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