EuGH zu Vindikationslegat betreffend Grundvermögen in einem Mitgliedsstaat, das nur das Damnationslegat kennt
Die zweite Kammer des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) hat mit Urteil vom 12. Oktober 2017 in der Rechtssache C-218/16 betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV folgendes entschieden:
Art. 1 Abs. 2 Buchst. k und l sowie Art. 31 der Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses sind dahin auszulegen, dass sie der Ablehnung der Anerkennung der dinglichen Wirkungen des Vindikationslegats, das dem von einem Erblasser gemäß Art. 22 Abs. 1 dieser Verordnung gewählten auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendenden Recht bekannt ist, durch eine Behörde eines Mitgliedstaats entgegenstehen, wenn die Ablehnung allein auf der Begründung beruht, dass dieses Vermächtnis das Eigentum an einer Immobilie betrifft, die in diesem Mitgliedstaat belegen ist, dessen Rechtsordnung das Institut des Vermächtnisses mit unmittelbarer dinglicher Wirkung im Zeitpunkt des Eintritts des Erbfalls nicht kennt.
Anmerkung
Vermächtnisse sind in vielen Mitgliedsstaaten der Europäischen Erbrechtsverordung (EuErbVO), z.B. Spanien, als Vindikationslegat ausgestaltet, d.h. der Berechtigte erwirbt unmittelbar Eigentum vom Erblasser und der Erbe muss nicht erst durch Vermächtniserfüllungsvertrag Eigentum auf ihn übertragen.
In der deutschen Literatur war schon immer anerkannt, dass bei einem Vindikationslegat kein Vermächtniserfüllungsvertrag erforderlich ist. Allerdings war und ist streitig, ob sich der Eigentumserwerb außerhalb des Grundbuchs vollzieht und lediglich eine Grundbuchberichtigung gemäß § 22 GBO zu erfolgen hat oder ob es einer Auflassung gemäß § 925 BGB nebst Eintragungsbewilligung bedarf. Das Urteil des EuGH schafft insoweit keine Klarheit.
In jedem Fall aber muss ein Grundbuchamt, welches um Eintragung des Eigentums für den Vermächtnisnehmer ersucht wird, klären, ob nach dem anwendbaren Erbrecht Mitwirkungshandlungen der Erben oder anderer Personen bei der Eintragung des Eigentums zu Gunsten des Vermächtnisnehmers erforderlich sind; so ist z.B. im Fall des Legats nach spanischem Recht regelmäßig erforderlich, dass der Erbe oder Testamentsvollstrecker der Eintragung zustimmt.
José Martínez Salinas
Letzte Aktualisierung: 29.12.2017
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